[Ausweg]Los! - Krisen meistern. Suizide verhindern. Auswege aufzeigen.

Suizid- und Krisenprävention an Schulen in den Landkreisen Emsland und Grafschaft Bentheim.

Ein Projekt der Gesundheitsregionen Emsland und Grafschaft Bentheim

Ziele und Dialoggruppe

Ziele des Projekts

  • Das Wissen und die Qualifikation zur Bewältigung von Krisen und Suizidalität im Jugendalter sollen allen Beteiligten der Lebenswelt Schule vermittelt werden. Die Beteiligten sollen sprech- und handlungsfähig werden, Krisen zu erkennen, zu bewältigen und Auswege aufzuzeigen. Resilienzfördernde Schutzfaktoren sollen hierbei aufgebaut und gestärkt werden.
  • In Workshops für Schüler*innen sowie in Schulungsveranstaltungen für Lehrkräfte, Schulsozialarbeiter*innen, ggf. Schulpsycholog*innen, weiteren Mitarbeiter*innen der Schulen und Eltern sollen die entsprechenden Personengruppen sensibilisiert und in der Früherkennung von suizidalen Krisen geschult werden. Multiplikator*innen und Ansprechpersonen in der Schule sollen benannt und nachhaltige Strukturen in der Schule aufgebaut werden. Unter Beteiligung der Dialoggruppen wird die Weiterentwicklung von bestehenden gesundheitsfördernden Maßnahmen und primärpräventiven Angeboten der jeweiligen Schule angeregt. Inhaltlich wird auf das bereits vorhandene Wissen des Suizidpräventionsangebotes [U25] im Emsland zurückgegriffen. Hierzu wird das bereits in der Praxis bewährte [U25]-Ausbildungskonzept entsprechend den Bedürfnissen in der Schule angepasst und weiterentwickelt. Das Schulungsteam wird gebildet aus einem bestehenden Pool von jungen Online-Berater*innen aus dem [U25]-Angebot.
  • Gemeinsam mit den Fachkräften aus dem bestehenden Online-Beratungsangebot [U25] Emsland und unter Beteiligung der Zielgruppen wird die Weiterentwicklung von bestehenden gesundheitsfördernden Maßnahmen und primärpräventiven Angeboten der jeweiligen Schulen angeregt. Unterstützendes Informationsmaterial wird erstellt: Flyer, Postkarten, Poster, Handreichungen, Wegweiser zu Beratungs- und Hilfsangeboten im Emsland und der Grafschaft Bentheim. Alle Workshops und Schulungsveranstaltungen werden von einer Fachkraft evaluiert und die Ergebnisse zur Verbesserung des Angebotes genutzt. Im Settingansatz der Lebenswelt von jungen Menschen und der an Schule beteiligten Erwachsenen werden in diesem Projekt die für eine Präventionsarbeit wichtigen Aspekte wie Empowerment, Partizipation, Multiplikatorenkonzept, Vernetzung und Nachhaltigkeit zusammengeführt.

Dialoggruppe

  •  Schüler*innen der Jahrgangsstufen 8. bis 13., sowie Klassen von Berufsfachschulen: Jungen Menschen fällt es bei sensiblen und schwierigen Themen leichter, mit Gleichaltrigen über ihre Probleme zu sprechen und Rat und Hilfe anzunehmen. Sie suchen eher selten Hilfe bei bestehenden Beratungs- und Hilfsangeboten. Erreichbar ist diese Zielgruppe an Orten, an denen sie einen großen Teil ihrer Zeit verbringen, hierzu gehört auch die Schule (Quelle: Bründel 2014).
  • Gatekeeper bestehend aus Lehrpersonal, pädagogische Mitarbeiter*innen, weiteren Mitarbeiter*innen der Schule und Eltern: Diese Gruppe ist meist gewillt, betroffenen Schüler*innen zur Seite zu stehen und dabei zu unterstützen, geeignete Hilfsangebote zu finden. Oft fehlt es aber an grundlegendem Wissen über die Themen Krisenbewältigung/ Suizidprävention und die notwendige Handlungssicherheit, um nachhaltig und langfristig zu unterstützen. Die eigenen Ressourcen und die Befähigung dieser „Helfenden“ soll gestärkt werden.
  • Junge Ehrenamtlich (Peer-Gruppe, Schulungsteam) zwischen 18 und 25 Jahren: Das Schulungsteam besteht aus jungen Menschen zwischen 18 und 25 Jahren, welche bereits Erfahrungen in der Arbeit mit Menschen in suizidalen Krisen mitbringen und auf die Tätigkeit im Projekt „[Ausweg] Los!“ vorbereitet werden. Im Sinne des Peer-Ansatzes finden junge Menschen leichter Zugang zu Schüler*innen. Sie können mit ihnen sensible Themen besprechen, Denkprozesse anstoßen und sind Vorbilder. Diese Gruppe kann eine Lotsenfunktion, hinführend zu bestehenden sozialräumlichen Beratungs- und Hilfeeinrichtungen, einnehmen (Quelle: Bründel 2014).

Maßnahmen und Auswirkungen

Ausgangslage

Die Projektidee ist durch häufige Anfragen emsländischer Schulen an die [U25] Online-Mailberatung entstanden.

Rund 10.000 Menschen suizidieren sich jährlich in Deutschland. Im Vergleich dazu liegt die Zahl der Verkehrstoten in Deutschland pro Jahr bei 3.600. Die Zahl der Suizide von Unter-25-Jährigen liegt bei 2 Suiziden pro Tag in Deutschland und ist in dieser Altersgruppe die zweithäufigste Todesursache (Statistisches Bundesamt 2019). Suizidversuche von Unter-25-Jährigen werden von Expert*innen auf bis zu 40 Versuche pro Tag geschätzt (Quelle: Jahresbericht 2012 des Arbeitskreis Leben Freiburg e. V.). Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) geht davon aus, dass die Suizidrate durch gezielte Präventionsarbeit stark minimiert werden kann (Stiftung Deutsche Depressionshilfe, 2016). Auch für die Hinterbliebenen (Familie, Freunde) ist der Suizid einer nahestehenden Person eine große Belastung. Dennoch ist das Thema Suizid nach wie vor ein Tabuthema, über das kaum gesprochen wird, obwohl das „Darüber sprechen“ Suizide nachweislich verhindern kann (Rotthaus 2017).

(Suizidale) Krisen sind für die*den Einzelne*n ohne Unterstützung und professionelle Hilfe schwer zu bewältigen. Damit dies möglich ist, ist es wichtig, dass sowohl die Betroffenen als auch die ihnen nahestehenden Personen sprech- und handlungsfähig werden.

Vorgehen im Projekt

In enger Zusammenarbeit werden die Landkreise Emsland und Grafschaft Bentheim sowie die jeweiligen Caritasverbände das Präventionsangebot umsetzen.

Zunächst werden junge Teamer*innen (18-25 Jahre) ausgebildet, um nach dem Peer-Prinzip die Workshops für Schüler*innen durchführen zu können. Diese Workshops sind der zentrale Aspekt des Projektes. Es werden zwischen 90-minütigen und sechsstündigen Workshops durchgeführt. Das Ziel ist niedrigschwellig und auf Augenhöhe mit den Jugendlichen ins Gespräch zu kommen und so die Themen Krise, psychische Erkrankungen und Suizidalität zu enttabuisieren. Darüber hinaus werden Informationsveranstaltungen für Lehrkräfte, Schulsozialarbeiter*innen und weiterem Schulpersonal sowie für Eltern angeboten, damit auch sie sprech- und handlungsfähig werden. Es wird auch Raum gegeben, um „eigene Fälle“ einzubringen und Fragen im konkreten Handeln zu besprechen. Aufgrund der Pandemie werden diese flexibel als online- und offline Variante durchgeführt. Darüber hinaus wird über Social Media Plattformen (z. B. Instagram) und durch verschiedenes Material für die Öffentlichkeitsarbeit (Broschüren, Flyer, Postkarten) Aufklärungsarbeit geleistet.

Skizze des Projektverlaufs:

1.- 4. Monat: Vorbereitung der Ausbildungsunterlagen zu „[Ausweg] Los!“, Akquise und Ausbildung des ersten Schulungsteams, Vorbereitung der Workshop- und Schulungsunterlagen für die Schulen, Erstellen von Begleitmaterial zur Aufklärung. Akquise und Erstgespräch mit Schulen, Erstellung des Fragebogens für die Evaluation.

5.- 8. Monat: Vorbereitung der Workshops und Schulungsveranstaltungen mit dem Schulungsteam, erste Workshops und Schulungen an den Schulen, Erprobung, Evaluation und Anpassung des Konzepts, Abschlussgespräche mit den Schulen, Anpassung der Akquise von weiteren Schulen.

9.-17. Monat: Durchführung des Präventionsprojektes an den Schulen, ggf. Ausbildung eines zweiten Schulungsteams.

18. Monat: Erstellen der Begleitmaterialien für pädagogische Fachkräfte.

Parallel zu dem aufgeführten Projektverlauf wird zur Ergebnissicherung das gesamte Präventionsangebot dokumentiert, evaluiert und ausgewertet. Zusätzlich wird Begleitmaterial zum Projekt erstellt.

Es wird eine Arbeitsgruppe gegründet, welche die geleistete Arbeit reflektiert und das Projekt bei der Weiterentwicklung unterstützt. Am Ende des Förderzeitraums soll das Angebot so weit ausgearbeitet sein, dass es in den Gesundheitsregionen weitergeführt und ggf. in anderen Regionen umgesetzt werden kann.

Auswirkungen

Bei Durchführung des Projektes wird es in den weiterbildenden Schulen zu einer verbesserten Gesundheitsförderung hinsichtlich Sensibilisierung, Erkennung und Bewältigung von psychischen Krisensituationen und Suizidalität kommen. Die Teilnehmenden setzen sich mit ihrer eigenen Haltung zu den Projektthemen auseinander und die Handlungssicherheit im Umgang mit Menschen in Krisensituationen und bei Suizidgefahr wird gestärkt. Die Bedeutung der seelischen Gesundheit für die*den Einzelne*n und die Gesellschaft wird hervorgehoben. Psychische Krisen und Erkrankungen werden enttabuisiert und Vorurteile abgebaut. Es wird zu einem verbesserten Hilfesuchverhalten von jungen Menschen in Krisensituationen und bei Suizidgefahr kommen. Auswege aus Lebenskrisen mit Suizidgefahr werden aufgezeigt. Ziel ist es, Suizide bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen zu verhindern. Die Bekanntheit von bestehenden Beratungs- und Hilfsangeboten und die Intensivierung von Netzwerkarbeit der beteiligten Institutionen werden nachhaltig optimiert. Das Netzwerk zum Emsländischen Bündnis gegen Depression wird ausgebaut. Auf die Fachkompetenz der jungen Fachberater*innen aus dem [U25]-Projekt im Umgang mit jungen Menschen wird zurückgegriffen und ein leichterer Zugang zu den Schüler*innen erwartet. Das ehrenamtliche Engagement und die Sozialcourage junger Menschen im Landkreis Emsland und Grafschaft Bentheim werden gefördert.

Durch Gespräche mit einigen Kooperationspartnern (Schulen, Hilfsangebote etc.) wird der Wunsch nach einem Netzwerk Suizid- und Krisenprävention in der Region deutlich. Dieses Netzwerk soll durch [AUSWEG]LOS! aufgebaut werden, damit sich die Fachkräfte austauschen, Wissen teilen und Fragen klären können.

In den Workshops für das Schulpersonal wird auch der Wunsch nach mehr Struktur und Sicherheit in Schulen sowie Handlungsanweisungen im Akutfall deutlich. Es wird das Angebot bereitet, dies in Zusammenarbeit mit dem Projekt [AUSWEG]LOS! zu bearbeiten, was in einigen Fällen auch angenommen wird.

Viele Schüler*innen bedanken sich in den Feedbackbögen, dass sie offen über das Thema sprechen können, da viele vorher keinen Raum dafür kennengelernt haben. Im Workshop werden mit ihnen Möglichkeiten besprochen, wie sie sich selbst und anderen helfen können sowie verschiedene Hilfsangebote und professionelle Unterstützungsmöglichkeiten. Durch die Öffnung des Gesprächsraumes innerhalb des Workshops ist es möglich, dass sich die Jugendlichen und jungen Erwachsenen auch an anderer Stelle offen über diese Themen austauschen und sich Hilfe suchen können. Damit die Schwelle sich an ein Hilfsangebot zu wenden für Jugendliche gesenkt wird, soll im Rahmen von [AUSWEG]LOS! ein online Krisendienst für junge Menschen entstehen. Dieser soll als Clearingstelle dienen und die jungen Menschen an geeignete Hilfsangebote in der Region vermitteln.

Laufzeit und Finanzierung

Laufzeit

Startdatum: 01.07.2020

Enddatum: 31.05.2022


Verstetigt seit: 01.06.2022

Finanzierungsvolumen

89.196,76 €

 

Träger und beteiligte Akteure

Träger

  • Caritasverband für den Landkreis Emsland
  • Caritasverband für den Landkreis Grafschaft Bentheim

Weitere beteiligte Akteure

  • Schulen der Landkreise Emsland und Grafschaft Bentheim
  • Caritasverband für die Diözese Osnabrück
  • Schulsozialarbeiter*innen und Schulpsycholog*innen der Landesschulbehörde
  • Schulsozialarbeiter*innen und Schulpsycholog*innen des Bistums Osnabrück


Landkreis Emsland:

  • Gesundheitsregion
  • Gesundheitsamt
  • Bündnis gegen Depression


Landkreis Grafschaft Bentheim

  • Gesundheitsregion
  • Gesundheitsamt
  • Projekt „ACTiv in der Grafschaft Bentheim"

Ansprechpersonen

Christina Jaspers

Caritas Landkreis Emsland


Kuhstraße 42

49716 Meppen

Tel.: 0591 80062307


E-Mail: cjaspers@caritas-os.de

Kerstin Wind

Caritas Nordhorn


Kuhstraße 42

49716 Meppen

Tel.: 05931 984271


E-Mail: kwind@caritas-os.de

Dr. Annegret Hölscher

Landkreis Grafschaft Bentheim


Am Bölt 27

48527 Nordhorn

Tel.: 05921 961867


E-Mail: annegret.hoelscher@grafschaft.de

Hermann Quaing

Caritas Nordhorn


Nino-Allee 4

48529 Nordhorn

Tel.: 05921 811110


E-Mail: hjquaing@caritas-os.de

Weiterführende Links

Die Angaben zu den Projekten entstammen Mitteilungen aus den beiteiligten Gesundheitsregionen


Datum der letzten Bearbeitung: 10.01.2023


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